Dem Wasser auf der Spur

Vortrag bei der Statuskonferenz der deutsch-israelischen Forschungskooperation im Bereich Wassertechnologie

Wenn Wasser knapp ist, muss es für trockene Zeiten gespeichert werden – zum Beispiel in Aquiferen, unterirdischen Erd- oder Gesteinsschichten, die Wasser aufnehmen, leiten und wieder abgeben können.

Wie es dorthin sickert, untersuchen unter anderem der israelische Forscher Alex Furman, Associate Professor für Bodenphysik und Hydrogeophysik am Technion in Haifa, und der deutsche Geophysiker Klaus Haaken, Doktorand in der Gruppe von Andreas Kemna, Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Geophysik an der Universität Bonn. Auf der Statuskonferenz zur deutsch-israelischen Forschungskooperation im Bereich Wassertechnologie stellten sie am 23. März in Berlin erste Ergebnisse vor. Ein Gespräch über ihr gemeinsames Projekt. 

Sie beide bewegt das Thema Wasser. Was fasziniert sie daran?

Alex Furman: In Israel ist Wasser ein großes Thema – weil es so wenig davon gibt. Man muss sich ständig neue Strategien ausdenken, wie man sparsam damit umgeht, wie man es gut aufbereiten und speichern kann. Zum Beispiel wird schon seit vielen Jahren biologisch behandeltes Abwasser in der Landwirtschaft eingesetzt. Und an der Mittelmeerküste gibt es natürliche unterirdische Aquifere, also Bodenschichten, die als Zwischenspeicher für Wasser nützlich sind. Wir untersuchen, wie sich das optimieren lässt.

Klaus Haaken: Ich beschäftige mich in meiner Doktorarbeit mit solchen Speicherprozessen. Es ist faszinierend, den Wasserhaushalt des Bodens mit geophysikalischen Methoden zu untersuchen. Zum Beispiel mache ich ERT-Messungen – die Abkürzung steht für „Electrical Resistivity Tomography“ – und ermittele den elektrischen Widerstand des Erdreichs. Der ist ein Indikator für den Wassergehalt.

Wie kam Ihre Zusammenarbeit zustande?

Furman: Als junger Wissenschaftler habe ich von der Deutsch-Israelischen Stiftung für Wissenschaftliche Forschung und Entwicklung ein kleines Budget bekommen und konnte damit unter anderem durch Deutschland reisen und Leute treffen, die auf meinem Gebiet arbeiteten. Damals war ich auch am Forschungszentrum Jülich und traf Andreas Kemna, der jetzt an der Universität Bonn lehrt und Doktorvater von Klaus Haaken ist. Seit damals sind wir immer in lockerem Kontakt geblieben, aber dieses Projekt ist unsere erste Zusammenarbeit.

Haaken: Ich habe vor ein paar Jahren schon in einem anderen Projekt in Israel gearbeitet. Alex Furman lieh mir seiner Zeit Equipment für meine Messungen vor Ort. Damals entstand die Idee für unser Projekt.

Womit beschäftigen Sie sich konkret?

Furman: Die Mekorot Water Company betreibt südlich von Tel Aviv die Wasseraufbereitungsanlage Shafdan, eine der weltweit größten Anlagen zum sogenannten Soil-Aquifer-Treatment. Hierbei wird das vorgereinigte Abwasser auf große Felder geleitet, aus denen es durch eine etwa dreißig Meter dicke Erdschicht in den Aquifer sickert. So wird es gefiltert und weiter gereinigt. Mekorot bräuchte wegen der ständig wachsenden Abwassermengen eigentlich größere Versickerungsflächen, aber die Regierung will nicht noch mehr Land dafür opfern. Und so kamen wir Forscher ins Spiel: Unser Ziel ist es, das Wasser schneller durch das Erdreich zu bringen.

Und wie wollen Sie das erreichen?

Furman: Unsere Idee ist, die Wasserzufuhr besser zu kontrollieren. Dafür müssen wir das System erst einmal richtig verstehen. Und wir interessieren uns für die Luft im Boden, die den Wassertransport behindern kann.

Wie lässt sich die Wasserzufuhr besser kontrollieren?

Furman: Zurzeit wird das Gelände geflutet, wann immer es geht. Nach dem Fluten wartet man zwei Tage, weil die Meinung vorherrscht, dass eine solche Trockenphase für den Boden günstig ist. Aber das ist bisher nicht systematisch untersucht. Wir wollen uns das Erdreich genauer ansehen, um durch den optimalen Rhythmus von Fluten und Trocknen die Infiltrationsrate zu erhöhen und vielleicht auch die Biochemie des Bodens zu verbessern, die für die Reinigung wichtig ist.

Haaken: Hier kommen unsere ERT-Messungen ins Spiel. Das ist eine seit Jahren etablierte Methode, um Daten über tiefere Bodenschichten zu erheben. Im Gegensatz zu Probebohrungen, die nur punktförmige Einblicke ermöglichen, kann man mit einem Netzwerk an oberflächlich installierten Sensoren ein dreidimensionales Feuchtigkeitsmonitoring ganzer unterirdischer Bereiche installieren. In einem neuen Ansatz versuchen wir jetzt, auch das dynamische Verhalten zu untersuchen, also abzubilden, wie sich die Wassermassen durch das Erdreich bewegen. Das gibt uns Aufschluss über Inhomogenitäten des Bodens etwa durch sandige und tonhaltige Bereiche. Allerdings müssen wir bei der Interpretation der Messdaten etwas vorsichtig sein, denn dafür werden mathematische Modelle genutzt, die gewisse Unsicherheiten bergen, je weiter der Ort vom Sensor entfernt ist.

Herr Haaken, waren Sie für Ihre Untersuchungen selbst vor Ort in Israel?

Haaken: Ja, innerhalb der letzten drei Jahre bin ich fünf Mal jeweils für mehrere Wochen dort gewesen. Ich habe mit den Kollegen das Messsystem installiert. Wir mussten die Sensoren ein Stückchen unterhalb der Erdoberfläche verlegen, weil das Gelände von Zeit zu Zeit umgepflügt wird. Einige Messungen habe ich selbst durchgeführt, bevor israelische Studenten das für uns fortgeführt haben.

Was haben Sie bislang aus Ihren Messungen gelernt?

Haaken: Wir haben gezeigt, dass wir mit unserer Methode Wasser auf seinem Weg durch das Erdreich verfolgen können. Bisher können wir feststellen, dass der aktuell praktizierte Rhythmus von Flutungs- und Trockenphasen nicht optimal ist. Das haben zusätzliche Simulationen ergeben, die wir gemacht haben. Andere Rhythmen versprechen höhere Infiltrationsraten. Das wollen wir nun im Experiment vor Ort testen.

Sie sagten, dass auch die Luft eine wichtige Rolle beim Versickern spielt. Inwiefern?

Furman: Der Boden enthält immer auch Luft, die dem Wasser quasi Platz machen und nach oben entweichen muss. Wenn wenig Wasser eindringt, zum Beispiel wenn es regnet, sind Wasser und Luft im Gleichgewicht. Wenn wir aber fluten, schneiden wir der Luft den Weg nach oben ab. Weil das Wasser schwerer ist, drückt es die Luft nach unten. Irgendwann bildet sich eine regelrechte Barriere aus, die den Weg des Wassers blockiert. Erst wenn der Druck groß genug ist, wird die Luft stoßweise entweichen. Wir untersuchen zurzeit, in welcher Tiefe sich die Luftbarriere ausbildet, wie sich der Druck aufbaut und wie das von den Parametern der Bewässerung abhängt.

Gibt es auch schon Ideen, wie man die Luftbarrieren brechen kann?

Furman: Wir haben festgestellt, dass es für die Entlüftung des Bodens günstig ist, wenn er ein bisschen gewellt ist. Bislang wurde das unsystematisch gemacht – einfach weil der Boden ab und zu aus betrieblichen Gründen gepflügt werden muss. Wir hoffen, dass unsere Untersuchungen Hinweise darauf geben, wie man den Boden gezielt gestalten kann, um ihn zu entlüften und damit auch den Wassereintrag zu beschleunigen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, der Luft mit einzelnen Bohrungen Wege zu ebnen.

Was werden Ihre nächsten Schritte sein?

Furman: Neben der Vervollständigung unserer Messungen und deren Auswertung wollen und müssen wir natürlich untersuchen, wie sich die Biochemie des Bodens ändert, wenn wir den Boden quasi entlüften. Ein geändertes biochemisches Milieu kann Auswirkungen auf das Wachstum von Biofilmen haben, die sich an der Oberfläche ausbilden und womöglich den Weg des Wassers verstopfen. Und es können Prozesse begünstigt werden, die bestimmte Mineralien freisetzen – mit positiven oder negativen Folgen für die Qualität des Wassers. Auch hierfür wollen wir geophysikalische Methoden nutzen – und deshalb unsere Kooperation fortsetzen. Deutsch-israelische Zusammenarbeit – da entstehen immer sehr innovative Projekte gepaart mit perfektem Projektmanagement.