Geschichte der Wissenschaftskooperation

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Im Jahr 2023 feiert die Wissenschaftlich-Technologische Zusammenarbeit (WTZ) zwischen Deutschland und Israel ihr 50-jähriges Jubiläum. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten in Innovation, Forschung und Berufsbildung hat eine Intensität erreicht, die in ihren Anfängen nicht vorauszusehen war.

Diese im Laufe der Zeit immer engere wissenschaftliche Kooperation hatte großen Anteil an der Normalisierung der politischen Beziehungen. Auf deutscher Seite stand zunächst das Motiv der Wiedergutmachung im Vordergrund. Heute besteht zwischen den beiden Hochtechnologieländern und Innovationsführern Israel und Deutschland eine ausgewogene Kooperation und Partnerschaft auf Augenhöhe.

Aufnahme der diplomatischen Beziehungen und Beginn der inter­­­ministeriellen Wissenschaftskooperation

Der 12. Mai 1965 markiert ein historisches Datum in der Geschichte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel: Beide Länder nahmen an diesem Tag diplomatische Beziehungen auf.

In den 1970er Jahren wurde die interministerielle Kooperation in Wissenschaft und Technologie (WTZ) aufgenommen und immer weiter vertieft: Die deutsch-israelische Forschungszusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem israelischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MOST) basiert auf einem Briefwechsel aus dem August / September 1973. Bereits seit 1969 besteht das Deutsch-Israelische Programm zur Zusammenarbeit in der Berufsbildung.

Ab dem Jahr 2000 wurde diese interministerielle Kooperation auf bilaterale Industriekooperationen ausgeweitet, die sich auf eine Vereinbarung zwischen dem BMBF und dem israelischen Ministerium für Industrie, Handel und Arbeit (MOITAL, aktuell: Ministerium für Wirtschaft und Industrie – MOEI) stützen.

Im Jahr 2011 schlossen BMBF und MOEI ein Regierungsabkommen zu industriegeführter Forschung und Entwicklung sowie zu beruflicher Aus- und Weiterbildung. Im Rahmen der Deutsch-Israelischen Regierungskonsultationen 2016 unterzeichneten beide Länder eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit in der Angewandten Nanotechnologie.

Anfänge der Zusammenarbeit

Wissenschaftliche Kooperation gibt es bereits seit den 1950er Jahren. Seither sind die Kontakte zwischen Institutionen und den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beständig enger geworden.

Schon Chaim Weizmann (1874 – 1952), der erste Präsident des Staates Israel und zugleich erster Präsident des nach ihm benannten Weizmann Institute of Science (WIS), erkannte, dass die Intelligenz der „einzige Rohstoff ist, über den wir verfügen“. Er setzte sich daher bereits 1902 für die Schaffung einer jüdischen Universität in Palästina ein, die 1925 mit dem Beginn des Lehrbetriebs an der Hebräischen Universität Jerusalem (HUJI) realisiert wurde. 1934 errichtete er den Vorläufer des WIS, das am Vorbild der deutschen Kaiser-Wilhelm-Institute orientierte Daniel-Sieff-Institut in Rehovot. Die Entwicklung dieser und weiterer hervorragender Wissenschaftsinstitutionen in Israel konnte sich nicht zuletzt auf die Einwanderung deutsch-jüdischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stützen, die in den 1930er Jahren aus Deutschland hatten fliehen müssen.

Vor 1933 spielten in der Wissenschaft in Deutschland und im gesamten deutschsprachigen Raum Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deutsch-jüdischer Herkunft eine bedeutende und oft überragende Rolle. Die Verbrechen der Nationalsozialisten von 1933 bis 1945 setzten diesem erfolgreichen Wirken gewaltsam ein Ende. Die deutsche Wissenschaftsgemeinschaft hatte daher nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland den Wunsch, wieder an diese produktiven Zeiten vor 1933 anzuknüpfen und suchte die Zusammenarbeit mit früheren jüdischen Wissenschaftskolleginnen und -kollegen.

Seit Anfang der 1950er Jahre hatte es auf internationalen Konferenzen bereits vereinzelt Kontakte zwischen Deutschen und Israelis gegeben. Der Durchbruch gelang jedoch erst 1959 mit der Einladung einer Delegation der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) durch das WIS. Im Zuge dieser Kontaktaufnahme entstand die Möglichkeit, deutschen wissenschaftlichen Nachwuchs an einer hervorragenden Forschungseinrichtung im Ausland weiter zu qualifizieren, ohne ihn auf Dauer zu verlieren, so wie dies durch die Abwanderung junger Nachwuchskräfte in die USA seit den 1950er Jahren beobachtet wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des WIS erhofften sich ihrerseits – wie später ihre Kolleginnen und Kollegen an den israelischen Universitäten – durch die Kooperation mit deutschen Forschenden den weiteren Ausbau der Forschungsinfrastruktur ihrer Einrichtungen.

Pfeiler der Kooperation

Der Kontakt zwischen der MPG und dem WIS war der Beginn einer kontinuierlichen und im Laufe der Jahre immer fester werdenden wissenschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder. Ein 1964 geschlossener Vertrag betonte die Rolle der Minerva Stiftung und sicherte die Kooperation zwischen den beiden großen Forschungseinrichtungen endgültig ab.

Auf dem Gebiet der Grundlagen- und angewandten Forschung fördert seit 1986 die Deutsch-Israelische Stiftung für Wissenschaftliche Forschung und Entwicklung (GIF) Kooperationsvorhaben. 1996 entwickelte das BMBF das Exzellenzprogramm Deutsch-Israelische Projektkooperation (DIP) zur Förderung deutsch-israelischer Forschungsteams, das seit 2008 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) administriert wird.

Zur Zusammenarbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften trägt der Stiftungsfond der Martin-Buber-Gesellschaft seit 2010 durch Stipendien bei. Die Förderorganisationen Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) und Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) engagieren sich seit Jahrzehnten für die Förderung wissenschaftlicher Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Dergleichen gilt für die großen deutschen Forschungsorganisationen. So hat die Helmholtz-Gemeinschaft hat am 22.10.2018 ein Auslandsbüro in Tel Aviv eröffnet.

Nachhaltige Impulse erhielten die Forschungsbeziehungen 2008 durch das Deutsch-Israelische Wissenschaftsjahr und die seitdem jährlich stattfindenden Regierungskonsultationen.

Zur weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit wurde 2011 in Aachen ein Deutsch-Israelisches Forschungsforum veranstaltet.

Als assoziiertes Mitglied der EU ist Israel seit 1996 an der EU-Forschungsförderung beteiligt. Israelische Unternehmen und Forschungsinstitutionen erhielten seit dem 4. Forschungsrahmenprogramm Förderungen und kooperieren nun im aktuellen Forschungsrahmenprogramm Horizont Europa. Deutschland ist bislang der wichtigste Partner für Israel in den Forschungsrahmenprogrammen, auch aktuell in Horizont Europa.